Gleich zu Beginn möchte ich erst einmal den Hinweis geben, dass es bei Hunden keine absoluten Referenzwerte zur Anzahl der Darmbakterien und zur Zusammensetzung der Darmflora gibt. Die Darmflora des Hundes ist sehr individuell, und ihre Zusammensetzung ist von vielen verschiedenen Faktoren abhängig, unter anderem auch von der Ernährung und vom Zusammenleben mit anderen Tieren.

Dennoch gibt es den Begriff der Dysbiose, der dann verwendet wird, wenn in der Zusammensetzung der Darmflora etwas ganz offensichtlich nicht stimmig ist, wenn zum Beispiel bestimmte Bakterien gar nicht, in vergleichsweise geringer oder vergleichsweise sehr hoher Menge nachgewiesen wurden.

Aber selbst der Nachweis normalerweise krankmachender Bakterien muss nicht immer zum Ausbruch von Erkrankungen führen.  Eine vermeintliche Dysbiose kann bei Hund A zu erheblichen Symptomen führen, während Hund B mit sehr ähnlicher Darmflora fit und gesund ist. Das Leben kann eben kompliziert sein. Darauf komme ich in einem der nächsten Beiträge zurück.

Häufig wird unterschieden zwischen den „guten“ und den „schlechten“ Darmbakterien. Die „guten“ scheinen auf den ersten Blick ausschließlich vorteilhaft zu sein. Dabei handelt es sich zum Beispiel um Lakto- und Bifidobakterien (Milchsäurebakterien), die vielen ein Begriff sind, weil sie bei der Reifung von Produkten wie zum Beispiel Joghurt und Kefir  beteiligt sind. Sie senken den PH-Wert im Darm, schützen so vor einer Überbesiedlung mit schädlichen Keimen und produzieren Enzyme und Vitamine.

Schauen wir etwas genauer hin, dann ist erst einmal interessant, in welcher Menge und Masse Bakterien den Dickdarm bevölkern. In einem Gramm Hundekot finden sich unfassbare 1011 (in Worten Hundertmilliarden) Mikroorganismen. Fast die Hälfte des Hundekots (im Trockenzustand) besteht aus Bakterien!

An dieser Stelle könnte man nun anfangen darüber nachzudenken, warum manche Hunde zum großen Leidwesen ihrer Halter aber mit scheinbar größtem Vergnügen Kot fressen. Möglicherweise versuchen sie instinktiv, sich mit nützlichen Bakterien zu versorgen? Aber schieben wir diesen Gedanken für einen Moment zur Seite und verschaffen uns einen ersten groben Überblick darüber, was so kreucht und fleucht im Darm.

Ungefähr neunzig Prozent der Bakterien im Dickdarm leben dort ohne Sauerstoff, also anaerob. Dazu gehören die oben schon erwähnten Bifidobakterien, wie auch die Bacteroides mit ihren verschiedenen Arten, die hier am häufigsten vorkommen. Ebenfalls ohne Sauerstoff leben hier die Clostridien.

Und jetzt gehen bei dem ein oder anderen schon die Alarmglocken an. Clostridien? Die sind doch gefährlich, oder?

Hier kommt es wie so oft auf die Menge an. Clostridien in der Darmflora sind zunächst einmal ganz normal. Sie kommen dort – beim gesunden Hund – aber auch nur in geringer Anzahl vor. So lange die Darmflora ausgewogen ist, lebt zum Beispiel das Bakterium Clostridium difficile dort recht unauffällig und friedlich, denn es wird von den „guten“ Darmbakterien in Schach gehalten und an zu starker Vermehrung gehindert. Wird jedoch das gesunde Gleichgewicht der Darmflora gestört, kann es hier zu Mengenverschiebungen kommen, die dann tatsächlich Erkrankungen nach sich ziehen.

Die „aeroben“ Bakterien sind diejenigen, die Sauerstoff benötigen. Hierzu gehören in der Darmflora des Hundes vorwiegend verschiedenen Arten von Milchsäurebakterien, wie zum Beispiel Lactobazillen, Enterokokken und Streptokokken. Ebenso gehören Enterobakterien wie zum Beispiel Escherichia Coli zur natürlichen Darmflora. Zu den Enterobakterien gehören übrigens auch die gefürchteten Salmonellen. Und auch diese sind nicht grundsätzlich Anlass zur Sorge, wenn sie in der Darmflora vorhanden sind. Der Darm ist der natürliche Lebensraum der Salmonellen. Hunde und Katzen sollen eine natürliche Resistenz gegen Salmonellen aufweisen, so dass auch hier – wie schon bei den Clostridien beschrieben – eine geringe Besiedlung meist keine Probleme bereitet. Problematisch werden diese Bakterien eher dann, wenn sie ihren natürlichen Lebensraum verlassen. Aber das ist ein anderes Kapitel.

Es gilt also im Grundsatz:
Ist die Darmflora ausgewogen, dann trägt sie nicht nur zur Stabilisierung und zum Training des Immunsystems bei, sie sorgt auch nicht nur für die Verstoffwechslung von Kohlenhydraten, Eiweißen und Fetten, bildet nicht nur Enzyme und Vitamine.
Die Gemeinschaft der Bakterien ist auch und vor allem dazu in der Lage, potentiell schädliche Bakterien so in Schach zu halten, dass diese nicht Überhand nehmen und dann Schaden anrichten können.

Es bleibt spannend, oder?
Wie die Darmflora sich entwickelt und was zu Störungen führt, könnt Ihr im nächsten Artikel nachlesen. Bleibt also dran.

 

Quellenangabe für alle Artikel dieser Reihe:
Die stille Macht der Mikroben, Alanna Collen
Gastroenterologie bei Hund und Katze, Jörg M. Steiner (Hrsg.)

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